Das Steirische Vulkanland, wie die Region im Südosten der Steiermark mit seinen rund 40 Vulkanen genannt wird, war Ziel einer dreitägigen Exkursion der elf Gemeinden im Passauer Oberland, ihrer Projektmanager und der zuständigen Vertreter des Amtes für Ländliche Entwicklung Niederbayern. Bereits vor einem Jahr hatte man sich das Ziel ausgesucht, weil die steirische Region für ihre sogenannte „Politik der Inwertsetzung“ und eine erfolgreiche Kooperationskultur der wertschöpfenden Betriebe dort über die Grenzen hinaus bekannt ist.
„Als wir das Ziel damals ausgewählt hatten, waren wir uns noch nicht bewusst, dass wir uns als Ökomodellregion bewerben, geschweige denn, dass wir ein Jahr später tatsächlich diese Auszeichnung erlangen würden. Somit erhielt diese Fahrt eine noch größere Bedeutung für uns“, so ILE-Vorsitzender Stephan Gawlik. „Sie war quasi unser ILE-interner Auftakt für die künftige Zusammenarbeit in der neuen Ökomodellregion und gab uns allen wertvolle Anregungen“, so Gawlik weiter. Denn die Überschrift der Fahrt lautete „Kooperationen und Inwertsetzung“ einer Region. Dies wurde den Teilnehmern dann auch bei den umfangreichen Programmpunkten mehr als deutlich vor Augen geführt.
Im Vulkanland wird gemeinsam die Vision, einen menschlich, ökologisch und wirtschaftlich zukunftsfähigen Lebensraum zu gestalten, verfolgt. Anerkannte Markenbetriebe der Region verpflichten sich, den Lebensraum „Steirisches Vulkanland“ mitzugestalten. Dadurch stärken sie die Regionalwirtschaft, schaffen Wohlstand und Lebensqualität. Die Schwerpunkte bilden die Themen Kulinarik, Handwerk, Lebenskraft und ein gemeinsames Bekenntnis, an der Vision aktiv mitzuarbeiten. Etwa 250 Betriebe gehören zu diesem Netzwerk. Sie treten als Markenbotschafter des Steirischen Vulkanlandes in Erscheinung. Unter ihnen sind Erzeuger ökologischer Produkte, Betriebe aus Gastronomie und Hotellerie, Handwerker sowie Dienstleister.
„Was hier wächst, hat Wert!“
Die positive Entwicklung des Vulkanlandes und die damit verbundene Wahrnehmung der eigenen, vorhandenen Werte und Schätze wird deutlich, wenn man dort unterwegs ist. Nach dem Motto „Was hier wächst, hat Wert!“ veredeln die Betriebe im Vulkanland die Ressourcen ihrer Region. Dies gilt für den Schweinebauern ebenso wie für den Obsterzeuger. Sie empfehlen auch gegenseitig ihre Produkte, werben zusammen und sind stolz auf ihren gemeinsamen Erfolg. Dies zeigte sich bereits beim ersten Programmpunkt, der Besichtigung von „Vulcano“. Dort dreht sich alles um die Produktion hochwertigen Schinkens, der zu den besten weltweit zählt. Dies liegt insbesondere auch an dem Zugang zu den Tieren und der Art, wie mit ihnen umgegangen wird, wie sie leben. Die Schweine werden mit ausgewählten Getreidesorten hochwertig gefüttert, die Fütterung selbst dauert länger als normalerweise üblich und: sie werden artgerecht gehalten. Die Ställe sind überdacht, es gibt viel Auslauf, genug Platz und alles was sie brauchen, um sich wohlzufühlen. Davon konnten sich die Gäste aus dem Passauer Oberland selbst überzeugen. Im angegliederten Shop stehen neben allen erdenklichen Schinken und Wurstsorten auch Produkte der Kooperationspartner aus der Region zur Auswahl.
Der Besuch der kleinen Brauerei von Lava-Bräu mit der Besichtigung der Mikrobrauanlage und einem Vortrag zur Philosophie der Wertschätzung im Vulkanland sowie ein abendlicher Spaziergang zu einem Obstbauern, der auf rund acht Hektar etwa 20 Obstsorten anbaut und zu Säften, Nektaren und Obstdestillaten verarbeitet, rundeten den ersten Tag ab.
„In-Wert-Setzung“ einer Region – Kooperationskultur
Einen beeindruckenden Vortrag zur „Politik der Inwertsetzung“ und der übergreifenden Zusammenarbeit und Wertschätzung untereinander hielt am zweiten Tag der Exkursion der Pionier dieser vorbildlichen Entwicklung, Bürgermeister Josef Ober aus Feldbach. Er empfing die Delegation aus dem Passauer Oberland im Heimatmuseum im Tabor in Feldbach. Josef Ober ist auch der Obmann für den Verbund aus 33 Gemeinden im Steirischen Vulkanland. Vor rund 20 Jahren – als das Vulkanland noch Grenzregion Europas war und sich auch so fühlte – begann er seine Vision in der Region zu verbreiten und engagiert dafür zu werben. Heute zählt das Steirische Vulkanland zu den Vorzeigeregionen Österreichs und genießt sowohl innerhalb als auch außerhalb der Landesgrenzen einen hervorragenden Ruf. „Dies war ein langer Prozess, dessen muss man sich bewusst sein“, wie Josef Ober in seinem Vortrag die Gäste aus dem Passauer Oberland wissen ließ. Sein Credo lautet: „Wir müssen die Grundlagen unserer Existenz wieder wertschätzen und mit ihnen achtsamer umgehen“.
Mit einem Fachgespräch über die Familienarbeit in der Stadt Feldbach endete der Vormittag des zweiten Reisetages. Ursula Krotschek stellte insbesondere das Projekt zur Eltern-Kind-Bildung dar. So gibt es einen „Bildungspass“ für Familien mit einem Wert in Höhe von 400 €. Damit können die Eltern zusammen mit den Kindern im Alter von einem bis zu sechs Jahren verschiedene Module wie Vorträge, Workshops etc. zu unterschiedlichen Themen oder Fragestellungen besuchen. Für die Jugendarbeit in der rund 14.000 Einwohner umfassenden Stadt Feldbach, die aus vielen einzelnen Ortsteilen besteht, steht eine eigene Jugendreferentin zur Verfügung. Ebenso habe man ein Jugendzentrum, das häufig für Veranstaltungen genutzt werde, so die Ausführungen der städtischen Mitarbeiterin.
Weitere Stationen zum Thema Kooperationskultur waren die Vorstellung der Caldera-Produktion, eines exklusiven reinsortigen Obstweines. Unter der Marke Caldera haben sich sieben Betriebe aus dem Vulkanland zusammengeschlossen. Auch gibt es eine Winzergemeinschaft mit 72 Betrieben, die unter anderem Schulungen für ihre Betriebe gemeinsam organisieren. Aber auch Handwerksbetriebe, wie beispielsweise zwölf Tischler der Region, haben sich zu ihrer Wertegemeinschaft „Tischler Vulkanland Steiermark“ vereint. Der Betrieb der Tischlerei und Einrichtungswerkstätte Gross in Fehring wurde hierzu besucht. Er wurde heuer mit dem Innovationspreis der Region ausgezeichnet.
„Schau dem Essen in die Augen“ – Achtung vor der Natur
Ein Höhepunkt der Reise war die Besichtigung des wohl bekanntesten Kulinarik-betriebs der Region, der Schokoladenmanufaktur von Josef Zotter mit dem angrenzenden „Essbaren Tiergarten“. Zunächst führte der Weg in die Welt der Schokolade und Josef Zotter persönlich stimmte die Besuchergruppe aus Bayern auf seine Philosophie ein. Nur die besten Kakaosorten sind gut genug für seine ökologisch hergestellten Schokoladenkreationen. In seiner Manufaktur können Besucher den Weg der Bohne von der Rösterei bis zur fertigen Schokolade über gläserne Gänge verfolgen.
Neben seiner Schokoladenmanufaktur betreibt Zotter auf rund 68 ha biologische Landwirtschaft mit vielen vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen, energieautark und einem geschlossenen Öko-Kreislauf. Im sogenannten „Essbaren Tiergarten“ setzt er auf Transparenz, Nachhaltigkeit und Innovation. Tiere und Pflanzen sind Lebewesen und keine Produkte. Deshalb sollen sie auch mit Achtung und Liebe behandelt werden. Es war immer Josef Zotters Traum, sich selbst versorgen zu können und autark zu sein. Mit dem „Essbaren Tiergarten“ hat er seinen Traum wahrgemacht und bittet alle Besucher in seiner „Öko-Essbar“ zu Tisch, um zu genießen, was im Tiergarten gedeiht. Seine Empfehlung: „Schau dem Essen in die Augen!“
Mit einer Menge an Informationsmaterial, Eindrücken und Denkanstößen verließen die 30 Reiseteilnehmer das Steirische Vulkanland. Man war sich einig, viele Impulse erhalten und auch einige Gemeinsamkeiten entdeckt zu haben. Auf jeden Fall hat man eine Region und Menschen kennengelernt, mit der sich die Passauer Oberland Gemeinden verbunden fühlen.