Von Josef Heisl
Fürstenstein/Straßburg. Wohl kaum eine Region kann auf so viel Erfahrung bei der Arbeit mit Kommunalpolitischen Vereinigungen zurückblicken, wie das Elsass. Davon konnten sich die Verantwortlichen der zehn Gemeinden des ILE- (Integrierte Ländliche Entwicklung) Zusammenschlusses „Passauer Oberland“ und ihre Begleitung aus dem Amt für ländliche Entwicklung (ALE) in Landau/Isar auf ihrer Exkursion durch das Elsass überzeugen.
Das Elsass ist eine von 26 Regionen in Frankreich mit 1,7 Millionen Einwohnern, aufgeteilt in die Departements Ober- und Unterelsass. In der gesamten Republik gibt es 101 Departements, erklärte der Vizepräsident des Generalrates Alfred Becker im mondänen Sitzungssaal in Straßburg. „Bei 36 600 Gemeinden in Frankreich, was über ein Drittel aller in der EU bedeutet, war es natürlich notwendig, kommunalpolitische Zusammenschlüsse einzugehen“, erläuterte Becker weiter und spricht von fast 2 500 Zusammenschlüssen landesweit. Viele Gemeinden hätten unter 1 000 Einwohner und nur ehrenamtliche Bürgermeister mit kaum einem Verwaltungsstab. Der Versuch einer Gebietsreform sei im Jahre 1972 konsequent verhindert worden. So wurden mit Wohlwollen der Regierung in Paris autonome Gebietskörperschaften gefördert.
Schnell wurde den Gästen aus Niederbayern, durch die Bank Bürgermeister oder Geschäftsleiter der zehn Gemeinden klar, diese kommunalen Gebilde sind nicht mit den ILE-Zusammenschlüssen eins zu eins vergleichbar, abschauen könne man sich aber Einiges und auch die Erfahrungen seien für die eigene kommunalpolitische Zusammenarbeit wertvoll. So haben die dortigen interkommunalen Zusammenschlüsse das Ziel, eine rationale Raumordnung zu schaffen und durch die Bündelung der Kräfte eine kommunalpolitische Zersplitterung zu verhindern.
Daneben solle die lokale Wirtschaftsentwicklung gefördert werden, was auch die Raumplanungspolitik begünstige. Interkommunale Gewerbegebiete schaffen die Möglichkeit größerer Betriebsansiedlungen. Dabei vernetzen sich die Gemeinden und können sich besser auf die Herausforderungen der Globalisierung einstellen. Die Zusammenschlüsse verfügen nur über die ihnen von den Gemeinden übertragenen Einzelkompetenzen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind. „So kann man etwas tun, was man alleine nicht schaffen kann“, erklärte der Vizepräsident.
In der Praxis werden Dienstleistungen wie Abwasser, ÖPNV oder Müllabfuhr auch von der Gemeinschaft übernommen. Auch im sozialen Wohnungsbau, beim Sportanlagenbau, bei kulturellen Einrichtungen von gemeinsamem Interesse oder beim Bau von Kindergärten und Grundschulen werden die Zusammenschlüsse aktiv. Geleitet werden diese Kommunalverbände von einem gewählten Präsidenten aus den Reihen der Gemeinden. Die beratende Versammlung besteht aus Vertretern der beteiligten Gemeinden und versammelt sich mindestens alle vier Monate einmal, wenn der Präsident es für notwendig erachtet auch öfter. Die Verwaltung besteht aus mehreren Personen, das können rund zehn sein.
Natürlich wurde von den Gästen aus Niederbayern immer wieder Vergleiche mit den ILE-Zusammenschlüssen gezogen. Doch bei der Einwohnerstärke und dem vorhandenen Personal der hiesigen Gemeinden wäre wohl mittelfristig eine so enge Kooperation nicht möglich aber auch nicht notwendig. Für den ILE-Sprecher Stefan Gawlik, Bürgermeister in Fürstenstein, waren die Erkenntnisse schon wichtig für die künftige Ausgestaltung der Vereinigung Passauer Oberland. Auch die Nachbarvereinigung Ilzer Land habe bereits zweimal das Elsass zu Studienzwecken besucht.
Natürlich waren in dem geschichtsträchtigen Gebiet, das in mehrfachem Wechsel einmal deutsch und einmal französisch war, auch touristische Ziele eingebaut. So stellte Bürgermeister Charles Schlosser seine Kommunalallianz Sauer-Pechelbronn, die seit 20 Jahren besteht und 24 Gemeinden umfasst, in der Burgruine Fleckenstein vor. Lokalhistoriker Raymond Frey erläuterte des Bayerndenkmal aus dem 70er Krieg in Woerth und Bürgermeister Jean-Pierre Piela zeigte einen biologischen Milchviehbetrieb mit Selbstvermarktung in seiner Gemeinde Breitenbach. Beim Abendessen konnten mit den durchwegs deutsch sprechenden Gastgebern aus Politik und Fremdenverkehr Erfahrungen ausgetauscht werden.
Letzte Station war die Stadt Barr an der südlichen elsässischen Weinstraße. Hier wurde von der 2. Bürgermeisterin Renee Schneider und der Vizepräsidentin für Kultur und Tourismus, Suzanne Lotz, das Tourismuskonzept vorgestellt. „Mich hat besonders beeindruckt, dass in dem Interkommunalen Tourismusbüro lokale Produkte aus Kunst und Landwirtschaft vorgestellt und zum Kauf angeboten wurden“, meinte Gawlik. Der ILE-Sprecher bedankte sich bei Dr. Michael Stumpf aus München, der die Exkursion zusammengestellt und sie mit hohem Fachwissen exzellent geleitet habe.
Die zehn ILE Gemeinden „Passauer Oberland“: Aicha v. Wald, Büchlberg, Eging, Fürstenstein, Neukirchen v. Wald, Ruderting, Salzweg, Tiefenbach, Tittling und Witzmannsberg.